Suppenküche St. Marien (2008)

Suppenküche in St.Marien

Zögernd kamen 1994 zunächst 13 Gäste in die Suppenküche. Nur Männer. Ihr Umgang mit ihrer Armut ist offensiver als der von Frauen. Deren Not in der Obdachlosigkeit ist besonders groß. Zwischen den Erwachsenen immer wieder Kinder. Jeglichen Alters. Neugeborene werden in die Suppenküche mitgebracht, Erstklässler, die kein eigenes Kinderbuch besitzen, Behinderte, allzu oft übersehen. Eine Suppenküche als Zufluchtsort. Ort der Geborgenheit. Organisiert als Tischgemeinschaft, nicht als anonyme Verteilungsstätte für Hungrige. Leben miteinander für wenige Stunden, Leben begleiten, Leben anderer vorurteilsfrei verstehen lernen. Gelebter Glaube. Bekenntnis zu Jesu Worten: “Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken“ (Matt. 11, 28) .

Seit ihrer Entstehung waren Kirchen stets auch soziale Räume. Schon eine antike Legende erzählt von der Speisung Hungriger. Die kirchliche Kunst des Mittelalters verbindet caritas, die Liebe, fides, den Glauben, und spes, die Hoffnung. In St. Marien erscheinen sie in einem Relief auf Andreas Schlüters Kanzel von 1703.
1994 wurde mit der Gründung der Suppenküche die Weiterführung caritativer Arbeit, die schon 1372 bezeugt ist und die im 18. Jahrhundert in St. Marien ihren Höhepunkt fand, in unserer sich mehr und mehr entgrenzenden Welt, erneut begonnen. Kontinuität und Aufbruch sind im Gründungsdatum eingeschlossen. In den neuen Bundesländern, in St. Marien und anderswo hat die Gemeindearbeit einen sozialen Akzent durch diese Form praktizierter Nächstenliebe erhalten.

Wie nötig sie ist, zeigt die Gästestatistik, die seit 1995 geführt wird. Sie verdeutlicht die sozialen Umbrüche in Berlin: 1995 wurden 1.223 Gäste betreut, im Jahr 2005 waren es schon 3301 Besucher. Ohne Unterstützung der Gemeinde, des Bezirksamts Mitte, des Sozialamtes , des Sozialvereins Friedrichshain e.V., der Berliner Tafel e.V. und kleine Einzelspenden, hätten die Jahre seit 1994 nicht zurückgelegt werden können.
Unsere Zuwendung gilt allen, die St. Marien als den Ort aufsuchen, an dem die Türen für sie offen sind. Gemeinsam mit den Vielen, jenen, die seit Jahren zu uns kommen, den Lauten und den Leisen, den Fröhlichen und den Traurigen, jenen, die wir verloren haben und an die wir uns erinnern, an Vadder, Erich, Berni, Dieter, Nurmi, Rudi, unseren Studienrat, Lolle und Fischi, haben wir die Geschichte der Tischgemeinschaft in der Suppenküche von St. Marien geschrieben. Jenen, die an unserer Seite ehrenamtlich tätig waren und allen, die es noch sind, allen die uns unterstützten und noch immer helfen, danken wir heute von ganzem Herzen. Wir schließen ein erstes Kapitel. Wir beginnen ein weiteres. Wir wissen, ER ist bei uns. Alle Tage. Jesus Christus.

Aune Renk, langjährige Leiterin der Suppenküche

Die Suppenküche findet alle 14 Tage Sonntags zwischen 14 und 16 Uhr statt. Sie wird geleitet von unserer Vikarin Beate Klostermann-Reimers

 

(Quelle: Marienkirche Selbstbeschreibung)